Das Kugelkreuz
Das sogenannte "Kugelkreuz" wurde im Mai 1946 von den evangelischen Jugendverbänden als gemeinsames Symbol für die Evangelische Jugend Deutschlands festgelegt. Für die EJ war dies ein Neuanfang nach der beschämenden Zeit des Nationalsozialismus. Es war aber schon damals keine Neuschöpfung.
In diesem Artikel geben wir Dir Informationen über das Symbol und was es für "die evangelische Jugend" bedeutet und für was es steht.
Geschichtlicher Hintergrund:
Am 4. März 1934 waren die evangelischen Verbandsjugendgruppen, (wie auch die zahlreichen anderen zu dieser Zeit in Deutschland bestehenden Jugendverbände) in die Hitlerjugend vom NS-Staat zwangsweise eingegliedert worden. Auch wenn viele gegen diese Auflösung ihrer selbständigen Jugendarbeit heftigst protestierten, so konnten sie doch an dem Sachverhalt nichts mehr ändern. In Bayern, wie in anderen Landeskirchen auch, bestand die Lösung darin, dass man auf eine feste Mitgliedschaft überhaupt verzichtete, und somit die evangelischen Jugendlichen vom Zwang befreite, der Hitlerjugend beizutreten. Viele begrüßten die neue Bewegung jedoch zunächst begeistert. Übergriffe der Hitlerjugend auf Veranstaltungen der evangelischen Gemeindejugend trugen mit dazu bei, dass sich unter den verbliebenen evangelischen Jugendlichen allmählich zunehmend eine Distanz zum NS-Staat aufbaute. Der Widerstand entzündete sich jedoch hauptsächlich an der Frage nach der Eigenständigkeit. Eine politische Kritik wurde öffentlich erst nach 1945 geübt.
Herkunft und Deutung des Symbols:
Das Kugelkreuz war damals keine Neuschöpfung; es hat eine lange Geschichte und taucht erstmals im 6. Jahrhundert auf einem Relief in Ravenna auf. In St. Petersburg wird ein Medallion aus dem 6. Jahrhundert aufbewahrt, das byzantinischer Herkunft ist und ein hoch aufragendes Kreuz auf einer kreisrunden Scheibe erkennen lässt. Es ist ein Triumphkreuz, das von zwei Engelgestalten flankiert wird. Die christliche Ikonographie macht keine eindeutigen Angaben zur Deutung dieses Symbols. Im frühen Mittelalter bereits gab es das Symbol als Kugel verbunden mit dem Kreuz und kann in dieser Zeit noch nicht als Erdkugel verstanden werden, denn das ptolomäische Zeitalter kannte die Erde nur als Scheibe. Es ist naheliegend, dass die Kugel, die das Kreuz trägt, abgeleitet ist vom Apfel. Der altjüdische Mythos berichtet im Alten Testament, daß der Apfel die unheilbringende Frucht aus dem Paradies sei. In der Hand des Jesuskindes, seit dem 11. Jahrhundert nachweisbar, ist der Apfel das Symbol der Überwindung und Erlösung von der Sünde. Bei spätgotischen Madonnenfiguren taucht die kombinierte Form als Kreuz auf der Kugel ebenfalls auf und steht im gleichen Deutungszusammenhang.
Als goldener Reichsapfel, zu den Insignien der weltlichen Herrscher gehörend, darf ein ähnlicher Zusammenhang gesehen werden. Er symbolisiert zweierlei: das Beherrschen der „Verderbtheit der Menschen“ mit königlich/kaiserlicher, von Gott abgeleiteter Macht, aber auch die Verführbarkeit des Menschen durch Macht als ständige Gefährdung wird angemahnt. Die Begrenzung der Schuld des Menschen ist des Herrschers von Gott abgeleitete Aufgabe. Über der Reichsmacht steht die Antwort fordernde Macht Gottes; der Mensch ein verantwortliches Wesen.
Christus eint die Welt:
Es gibt aber bereits im frühen Mittelalter auch die andere Deutung: Das im Weltkreis stehende und diese Scheibe überragende Kreuz. Der Kreis ist dort in drei Sektoren aufgeteilt (zwei Viertelsektoren und ein Halbkreissektor). Der Mittelpunkt des Kreises, bei dem das Kreuz aufzuragen beginnt, deutete auf Jerusalem, damals verstanden als Mittelpunkt der Welt, Europa als Halbkreissektor, Asien und Afrika je als Viertelkreissektor. Dieses Symbol verdeutlicht das Verständnis: "Christus eint die bewohnte Erde, die Ökumene".
Damit sind wir dicht an der Deutung dieses Zeichens für die Evangelische Jugend: In der Zeit der Auseinandersetzung zwischen den sogenannten "Deutschen Christen" und der "Bekennenden Kirche", in der Zeit des Hitlerfaschismus, wurde das Symbol "Kugelkreuz" zum Ausdruck dessen, was im Barmer Bekenntnis der "Bekennenden Kirche" von 1934 insbesondere in These 2 formuliert wurde. Mit Bezug auf 1. Korinther 1, 30:
"Wir verwerfen die falsche Lehre, als gäbe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären, Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heilung durch ihn bedürften."
Das Kugelkreuz bedeutet:
Weltliche Macht darf nicht die letzte Instanz sein!
Die einzige Macht, die wir letztlich anerkennen, ist Gottes Macht.
Dies symbolisiert das Kreuz Jesu auf der Weltkugel. Es steht symbolisch für die Sache Jesu.
Es war die Evangelische Jugendkammer der Bekennenden Kirche in Deutschland, die das Symbol Kugelkreuz zum Bekenntniszeichen der evangelischen Jugendarbeit auswählte. Die Initiative lag bei dem damaligen Leiter des Burckhardthauses (ein Fortbildungsinstitut der Evang. Kirche in Deutschland in Gelnhausen), Pfarrer Otto Riethmüller, und dem christlichen Künstler Rudolph Koch. Otto Riethmüller wurde kurz vor der Auflösung einer Anzahl evangelischer Jugendverbände, bzw. der Eingliederung der Reste der Evangelischen Jugend in die Hitlerjugend, Vorsitzender der Jugendkammer der Bekennenden Kirche. Mit dem Tragen dieses Symbols war eine entschiedene Haltung gegen Versuche der Nationalsozialisten verbunden, eine gleichgeschaltete evangelische Reichskirche zu schaffen.
Nach der Zerschlagung des Faschismus in Deutschland und dem Ende des zweiten Weltkrieges übernahm die "Ordnung der Evangelischen Jugend in Deutschland" im Mai 1946 das "Kugelkreuz" als Zeichen der Evangelischen Jugend. Am 28.1.1947 beschloss die Jugendkammer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bethel "Bestimmungen für die Ausgabe des Zeichens der Evangelischen Jugend Deutschlands".
Das Bild Zeigt das alte Logo der Evangelisch Jugend in Bayern in der älteren Ausführung in schwarz/lila.
Das Kugelkreuz als Protestzeichen gegen staatliche Macht:
In den westdeutschen Landeskirchen (BRD) erhielten die evangelischen Jugendlichen das "Kugelkreuz" als Anstecknadel zusammen mit einer "Verleihungskarte", sofern man Mitglied einer Gliederung der Evangelischen Jugend war. In den ostdeutschen Landeskirchen (ehemalige DDR) gab es keine Mitgliedschaft in einem Verein oder Verband. Durch Taufe und Konfirmation gehörte man zu einer Gemeinde, war eingeladen zur „Jungen Gemeinde“ und erhielt die Anstecknadel in der Regel nach einem Jahr regelmäßiger Teilnahme an den Veranstaltungen der „Jungen Gemeinde“ in einer gottesdienstlichen Veranstaltung (Monatsrüste o.ä.) überreicht mit den Worten aus 1. Johannes 5,4 „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“.
Bekenntnis-, Verbands- und Qualitätszeichen der Evangelischen Jugend ist das Kugelkreuz in "Ost" und "West" bis heute geblieben. In vielen verschiedenen Auslegungen ist das Grundsymbol noch immer das gleiche.
Heute ist das Tragen der Anstecknadel etwas „aus der Mode“ gekommen. Mit diesem Symbol wissen sich evangelische Jugendliche getragen von der befreienden Botschaft Jesu von Nazareth und suchen in der Beschäftigung mit den Worten der Bibel ihren Weg zu gelingendem Leben und zur Wahrnehmung von Verantwortung in Kirche und Gesellschaft.
Die EJB hat das Kugelkreuz auch im Logo:
Das Kugelkreuz der Evangelischen Jugend in Bayern wurde mit einem bunten Outfit interpretiert: Der sich öffnende Kreis der Weltkugel steht für Offenheit. Verbindend ist unser Glaube. Als Evangelische Jugend leben wir eine starke Gemeinschaft im Namen Jesu und haben dabei jede Menge Spaß.
Bei der Farbgestaltung war der violette Ton wichtig. Schon vor diesem bunten Logo war das Kugelkreuz der EJB in einem lilla Farbton gestaltet. Lila ist die Farbe der Evangelischen Jugend und die „evangelische Kirchenfarbe“. Violett steht für Umkehr und Erneuerung und den protestantischen Geist im Sinn von Martin Luther. Das macht deutlich: Wir verstehen uns als junge, engagierte Christinnen und Christen in evangelischer Freiheit und als Teil der weltweiten christlichen Gemeinschaft.
Wir sind bunt und tolerant, offen für Menschen, die anders sind, offen für neue Ideen und offen für Jugendliche, die neu dazukommen. Diese Lebendigkeit und Offenheit gibt uns Schwung und bereichert uns und unseren Glauben. Die drei Hauptfarben im Logo stehen auch für die göttliche Trinität. Es weist darauf hin, dass evangelische Jugendarbeit in all ihrer Vielfalt sich auf Jesus Christus gründet, der sagt: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16,33)
Christina Frey-Scholz
Weitere Beispiele für die Verwendung des Kugelkreuz im Logo:
Die aej vertritt als Dachorganisation die Interessen der Evangelischen Jugend in Deutschland auf Bundesebene. 32 Mitgliedsorganisationen und acht außerordentliche Mitglieder arbeiten hier zusammen. Unter dem Leitbild Orientierung an Christus – Vielfalt als Chance – Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen prägt Evangelische Jugend den persönlichen Glauben an Gott, verwirklicht Gerechtigkeit zwischen Menschen, Geschlechtern und Generationen und zeigt Wege in eine Welt voller Vielfalt auf. Evangelische Jugend schafft Räume für die Partizipation junger Menschen in Kirche, Politik und Gesellschaft und beteiligt sich an allen Entscheidungen, die junge Menschen betreffen.
Die Evangelische Jugend in Hessen und Nassau e.V. ist ein eingetragener Verein und macht evangelische, jugendpolitische Verbandsarbeit. Das heißt, sie machen Jugendpolitik in der Kirche, manches ist auch über die Grenzen der Kirche hinweg wichtig. Die EJHN ist der Jugendverband der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).
Der „bund evangelischer jugend in mitteldeutschland“ ist ein bunter und kreativer Dachverband der evangelisch geprägten Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Kindertreffs, Junge Gemeinden, Bands, Gospelchöre, Offene Arbeit oder die mit Behinderten, Häuser der offenen Tür und Jugendbildungshäuser, Sommerfreizeiten und internationale Begegnungen, politische Bildungsprojekte und Taizé-Gebete - das alles gehört zum bejm.
Die Evangelische Jugend Baden ist der Zusammenschluss vielfältiger Formen von Kinder- und Jugendarbeit in den Gemeinden, den Kirchenbezirken und den eigenständigen evangelischen Jugendverbänden im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Baden.
Die Evangelische Jugend Bremen ist ein Jugendverband, mit rund 42.000 Mitglieder zwischen 0 und 27 Jahren. Bei uns ist ordentlich was los! In rund 45 evangelischen Kirchengemeinden engagieren sich über 400 junge Menschen ehrenamtlich für und mit Kindern, Konfirmand*innen, anderen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Dies tun sie auf Freizeiten, in Projekten, in Gruppen, in Gottesdiensten, bei Andachten, Groß-Events oder in stillen Momenten. Dabei erreichen sie gemeinsam mit vielen Hauptamtlichen über 2000 Kinder und Jugendliche in allen Stadtteilen Bremens.
Übrigends: Das Kugelkreuz gibt es als Ansteckpin beim Amt für Jugendarbeit in Bayern auch zu kaufen.
(Text Nach Gerhard Bemm - gekürzt und ergänzt durch Matthias Geißlinger)